EXPERTENINTERVIEW Expertentelefon \"Herzbeschwerden\" am 16.9.2010

"Hilfe - Mein Herz rast und klopft bis zum Hals!"

Alarm im Brustkorb: Wirksame Strategien gegen funktionelle Herzbeschwerden

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Was passiert bei sogenannten "funktionellen" Herzbeschwerden im Körper?

  • Die Ursache von funktionellen Beschwerden ist meist eine Übererregbarkeit des vegetativen Nervensystems, speziell des Sympathikusnervs, die über psychische Spannungen und teils unbewusste Ängste ausgelöst wird. Wie sensibel unser Herz zum Beispiel auf negative wie auch auf positive Emotionen reagiert, das spüren wir am beschleunigten Herzschlag bei Aufregung: Oft als "Pumpe" bezeichnet, funktioniert das Herz nie rein mechanisch.

Viele Betroffene berichten von Herzrasen und Beklemmungen bis hin zum Gefühl der Todesangst. Kann man an funktionellen Herzbeschwerden sterben?

  • Es stimmt, dass die funktionellen Beschwerden nicht selten als äußerst bedrohlich bis hin zur Todesangst erlebt werden. Das schürt in einem Teufelskreis wiederum Unruhe, Erregung und Ängste bis zu Panikreaktionen. So lange wirklich nichts Organisches "dahintersteckt", stirbt man aber an funktionellen Herzbeschwerden nicht. Trotzdem müssen entsprechende Beschwerdebilder allein schon aufgrund ihres Leidensdrucks ernst genommen und als Krankheit akzeptiert werden.

Wie und wo soll man Symptome wie Herzrasen und andere Herzkapriolen abklären lassen?

  • Eine Abklärung zum Ausschluss organischer Ursachen erfolgt durch Hausärzte, Internisten und/oder Kardiologen. Beim Abhören mit dem Stethoskop kann der Geübte bereits Herzveränderungen erkennen bzw. ausschließen. Gezielte Laboruntersuchungen gehören zur Routine, ebenso ein EKG im Ruhe- und Belastungszustand. Zusätzlich sollten Ursachen, die sich auch unabhängig von Herzerkrankungen entwickeln können, zum Beispiel eine Beeinträchtigung der Schilddrüse, berücksichtigt werden. Im Zweifelsfalle ist das Langzeit-EKG immer zu empfehlen. Im Einsatz sind heute auch kleine, digitale Aufzeichnungsgeräte, die sogenannten Event-Recorder, die vom Patienten beim Auftreten von Symptomen wie Herzrasen etc. direkt auf die Haut im Brustbereich gedrückt werden. Unter Umständen wird der Fachmann auch eine Sonographie (Ultraschall des Herzens) oder eine Magnetresonanztomographie und Koronarangiographie (spezielle Untersuchung der Herzkranzgefäße) bis hin zu nuklearmedizinischen Untersuchungen vornehmen.

Nicht alle Menschen reagieren gleich stark mit Herzbeschwerden auf seelische Belastungen. Wer neigt denn besonders dazu?

  • Unbewältigte Ängste und Konflikte, depressive Zustände mit allgemeiner Niedergeschlagenheit und negativ erlebter Stress bis hin zum beruflichen wie privaten Burn-out können funktionelle Herzbeschwerden auf Dauer begünstigen. Dabei schaukeln sich die Herzbeschwerden meist hoch: Sie treten bei, objektiv gesehen, immer harmloseren Auslösern auf und verselbständigen sich schließlich. Aber nicht nur die Über-, sondern auch die Unterforderung im Sinne des Bore-out fördert dieses Leiden. Besonders anfällig für Herzbeschwerden aufgrund seelischer Belastungen sind eher sensible Menschen, die eine überkritische Haltung sich selbst gegenüber haben.

Sind Frauen und Männer zu gleichen Teilen davon betroffen?

  • Die Zahl der Frauen mit funktionellen Herzbeschwerden überwiegt, herzbezogene Panikstörungen sind bei ihnen etwa doppelt so häufig. Organische Ursachen für die Herzbeschwerden sollten aber beim weiblichen Geschlecht besonders sorgfältig ausgeschlossen werden: Der Herzinfarkt gilt fälschlicherweise immer noch als eine Art "Männerkrankheit", inzwischen sind Frauen aber sogar noch stärker gefährdet.

Können Sport oder Bewegung funktionelle Herzbeschwerden verhindern oder lindern?

  • Eindeutig "Ja". Ein wohldosiertes Bewegungs- bzw. Sportprogramm trägt wesentlich zur Stabilisierung des vegetativen Nervensystems bei und erhöht die Reizschwelle für unangenehme Herzbeschwerden. Das Vertrauen in den eigenen Körper steigt, das Körpergefühl wird zunehmend positiver. Wichtig ist, sich hier nicht zu übernehmen. Freude und Entspannung sollten im Vordergrund stehen.

Wie kann man seinen Körper sonst noch dabei unterstützen, mit den Belastungen fertig zu werden?

  • Kaffee, Cola und Alkohol sollten nur mäßig konsumiert, auf Nikotin sollte besser ganz verzichtet werden. Ausreichender Schlaf fördert die Regeneration. Aber auch die regelmäßige Herausforderung von Körper und Geist sollte berücksichtigt werden. In einer Zeit der Informations- und Reizüberflutung gehören auch gelegentliches Abschalten und Ausblenden zum gesunden Lebensrhythmus. Jeder muss da die richtige Balance zwischen An- und Entspannung für sich selbst finden. Dazu gehört auch die Fähigkeit, mal "Nein" sagen zu können.

Kann auch die Ernährung dazu beitragen, dass es den Betroffenen besser geht?

  • Natürlich stabilisiert und harmonisiert eine ausgewogene Ernährung das Gleichgewicht zwischen Körper und Seele. Die traditionelle, mediterrane Ernährung nach südländischem Muster trägt nicht unwesentlich dazu bei, unangemessene Hektik aus dem Leben herauszunehmen und unser Herz in Takt zu halten: Sie meidet weitgehend die schnell ins Blut gehenden, zum Beispiel in Weißmehlprodukten enthaltenen Kohlenhydrate. Dafür kommen mehr gesunde Fette in Form der Omega-3-Fettsäuren auf den Tisch. Die besten Quellen sind Seefisch, Wild, Fleisch aus artgerechter Haltung, Oliven- bzw. Rapsöl, Walnüsse und Leinsamen bzw. daraus hergestelltes Öl. Im Mittelpunkt aber steht die Vitamin- und Mineralstoffzufuhr durch Frischkost in Form von gesundem, saisonalem Obst und Gemüse. Besonders Magnesium, Kalium und Kalzium sind für einen "taktvollen" Herzrhythmus wichtig.

Helfen bei nicht organisch bedingten Herzbeschwerden bestimmte Vitalstoffe?

  • Auch das gesunde, allerdings vegetativ gequälte Herz bleibt besser in Takt, wenn es gestärkt wird. Der Naturstoff Orotsäure - vor allem in der Muttermilch enthalten - bietet sich hier als Energielieferant und Schutzstoff an. Besonders in Kombination mit dem herz- und stoffwechselaktiven Mineralstoff Magnesium trägt die Orotsäure dazu bei, dass unser Herz ökonomischer arbeitet und seinen gesunden Rhythmus behält. Magnesium hat dazu noch eine vegetativ ausgleichende Wirkung und hilft uns mit psychischen Belastungen insgesamt besser umzugehen. Präparate mit dem Wirkstoff Magnesiumorotat, einer Kombination aus Orotsäure und Magnesium, sind in jeder guten Apotheke erhältlich und sollten gerade auch bei funktionellen Herzbeschwerden rechtzeitig eingesetzt werden. Das Biofaktoren-Duo trägt dazu bei, ein fatales "Hochschaukeln" von seelisch bedingten Herzproblemen und daraus resultierenden Ängsten zu vermeiden. Zu bedenken ist, dass Herzrasen, auch wenn es im speziellen Fall ungefährlich ist, auf Dauer seine Spuren an dem Herzen hinterlassen kann.

Wie können Angehörige und Freunde helfen?

  • Für den Betroffenen ist es wichtig, dass seine Beschwerden, auch wenn sie "nur" seelisch bedingt sind, ernst genommen werden. Angehörige und Freunde sollten Verständnis zeigen und Sicherheit signalisieren. In Gemeinschaft lässt sich zum Beispiel eine zunehmend angstfreiere sportliche Betätigung viel besser aufbauen. Geduld und Verlässlichkeit sind hier besonders wichtige Aspekte.

Über den Autor:

Hans-Jürgen Richter ist Arzt und freier Medizinpublizist. Er schreibt über Biofaktoren und andere Gesundheitsthemen. Richter ist unter anderem tätig als Autor für stern TV und andere Fach- und Publikumsmedien.

Quelle: deutsche journalisten dienste (djd),
Gesundheitsthemen